Technikgläubigkeit, Brückentechnologie, Hightech – unser Sprachgebrauch ist voller Bilder von Maschinen, Technik oder Computern. Ist die Technologie der Zukunft unsere Rettung oder Bote der Zerstörung? Eine Frage, der sich E-Business-Experten, Robotologen und Virtualisten auf dem 2b AHEAD-Zukunftskongress stellen.
Die Diskussion zu Daten und Privatsphäre hat eine Erweiterung gefunden: Entscheidungsfreiheit. Wenn Maschinen Assistenzsysteme werden, entscheiden sie dank schneller Prozessoren und großer Speichermengen blitzartig. Wir schätzen den Ratgeber Navi, erfreuen uns an der Überwachung unsers intelligenten Hauses und nehmen Ratschläge aus dem Smartphone entgegen. Doch wollen sich die Menschen in eine Abhängigkeit dieser Art begeben, wollen Sie die Kontrolle über Systeme abgeben? Und wer – oder besser was – ist dann in der Verantwortung bei Fehlentscheidungen oder Schäden durch sie?
Augmented Reality vs. Baedecker
Man nehmen 150 Millionen Points Of Interest, verbinde Browser und Smartphone mit WIKITUDE – fertig ist der virtuelle Reiseführer. Besser als seine gedruckten Kollegen kann er allein durch Bilderkennung, GPS und Richtungssensor zu Objekten auf der ganzen Welt Einträge auf den Bildschirm platzieren. Philipp Breuss-Schneeweis war der Gründer und Ideengeber dieses einmaligen Browsers. Laut ihm arbeiten die Entwickler an einer „Rückwärts-Funktion“, die es dem Betrachter ermöglicht, in die Vergangenheit der Orte und Objekte zu reisen. Was den Gründer begeistert, ist die Verbindung zum User generierten Content. In 10 Jahren hat jeder ein hoch leistungsfähiges Smartphone und ist in der Lage, mobil zu Orten oder Gebäuden Informationen zu speichern. Eine Aktualität und Datenvielfalt, der auch das Standartwerk in seiner gedruckten Form – dem BAEDECKER – nicht gewachsen ist.
Leben mit dem Blechkollegen
Eine Vision lässt manchen auf dem Zukunftskongress erschauern: der Kollege aus Blech im Büro, an der Werkbank. Oder gar ein Roboter als Chef. Dr. Natascha Esau von der Uni Paderborn denkt noch weiter. 2121 diskutieren wir über eine Roboterquote vs. Menschenquote bei der Besetzung von Stellen oder Führungsaufgaben. Sie muss es wissen, arbeitet sie doch in der Forschung, die aus dem kalten, steifen Roboter einen emotionalen, empfindungsfähigen Zeitgenossen macht. Sie möchte ihn mit Sensoren ausstatten, die unsere Regungen, unsere Stimmlage und die Gesichtszüge analysieren und daraus auf unseren Gefühlszustand schließen. Auch wenn das noch Zukunftsmusik ist, im pflegerischen Bereich und in der Altenversorgung sind andere Länder schon einen großen Schritt weiter. Dort sind die Helfer-Maschinen eine Entlastung bei schwerer oder Routinearbeit. Sogar einen Kuschelroboter aus Plüsch gibt es schon.
Sozialer Raum, Intransparenz und Selbstkontrolle
Schon heute, weiß Sam Mandel von TWEET DECK, sind meine digitalen Daten überall verfügbar. Versicherungen, Banken und Dienstleister wissen so gut wie alles über uns. Menschen tun ihren Teil dazu, die Datensammlung zu vergrößern. Sie bewegen sich im virtuellen sozialen Raum, hinterlassen Spuren und Informationen zu ihrem Leben sowie ihrer Person. Doch dieses Ende der Privatheit lässt alte Ängste hervorkommen. Big Brother, der Überwacher an sich, ist wieder möglich. Nicht nur der Staat (und autoritäre Systeme) wittern umfangreichen Zugang zu jedem Einzelnen, auch Geheimdienste entwickeln professionelle Instrumente zur Überwachung. Was dann mit zusammengeführten massiven Datenbergen geschieht, ist nicht mehr transparent. Prof. Dr. Schildhauer von der UNI Berlin ahnt eine Zweiteilung der Menschen: Die Elite, die gelernt hat damit umzugehen und ein Bürgertum, welches nur Daten liefert und nicht reflektiert, was mit diesen geschieht. Einen AUS-Knopf gibt es nicht. Die Entscheidung, was von einem Selbst im globalen Gedächtnis bleibt, liegt zum Teil auch in der Hand eines jeden Menschen. Technologien der Zukunft werden von Menschen gemacht. Und der Umgang damit muss erlernt und trainiert werden.
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