Am zweiten Tag des 17. Zukunftskongress des 2b AHEAD ThinkTanks 2018 ging es um nicht minder spannende Themen. Dürfen Roboter Bürgermeister werden? Können Krankheiten aus der Stimme „erhört“ werden? Ist es besser, sich mit den Maschinen zu verbünden? Bei bestem Wetter im Schloßgarten zu Wolfsburg waren die Erwartungen an Referenten und Themen groß.
POLITIK 2028
Im Jahr 2050 wird die KI die Politiker zum Wohle der Gesellschaft abgelöst haben. Dies postuliert Michihito Matsuda, Bürgermeisterkandidat der Tama Provinz, Japan. Seinen Auftritt startet er landestypisch mit dem Zerlegen von Steinplatten per Hand:
So beginnt man also eine Rede in Japan #ZuKo18 @tama_ai_mayor @janszky pic.twitter.com/khs78XfGhZ
— Marcel Wollscheid (@MaWollscheid) 20. Juni 2018
Künstliche Intelligenzen entscheiden fair und ohne Bauchgefühl, während sich Menschen von Macht und Einfluss leiten lassen. Nach Matsudas Prognosen wird es dann keine Diskriminierung von Minderheiten und keine Korruption mehr geben. Beim ersten Versuch, gewählt zu werden, belegte der KI-Bürgermeister den dritten Platz.
Und sorgte für große Gemütsregungen in den Lagern der Wähler. Ist er eigentlich legal? Kann eine KI den Wählerwillen umsetzen? Gerechte Chancen für alle, keine Korruption – eine schöne Utopie. Doch die KI fand heraus, das es gefälschte Geschäftsreisen gab und Abrechnungsprobleme. Sicher, das findet ein Beratungsunternehmen oder eine Steuerkanzlei auch heraus. Doch zu welchen Kosten und in welcher langen Zeit? Ein Vorteil der KI in Verbindung mit Quantencomputern ist die zeitgleiche Kommunikation in Masse. KI spricht mit allen Wählern / Bürgern gleichzeitig. Die Vorgänge, Daten und Protokolle werden komplett in Windeseile durchforstet. So können Widersprüche und Schwachstellen schnell und effizient erkannt werden.
Matsudas Kampagne führte dazu, das eine KI Partei gegründet wurde, die bei der nächsten Wahl 100 KI Kandidaten stellt. Moderne Zeiten erfordern moderne Methoden.
FÜHRUNGSSTRATEGIEN 2028
Der Mensch im human-digitalen Team – das klingt ja spannend. Und ist gar nicht so weit entfernt. Wir nehmen die zunehmende Synthese von Mensch und Maschine nicht so wahr, da uns nicht permanent klobige Roboter über den Weg rollen und Blechkästen zu uns sprechen. Die schon jetzt bestehenden Algorithmen ranken Bewerber, übernehmen einen Teil der Kundenkommunikation per Mail oder Telefon.
Einige Referenten zeigten, wie heute schon in der täglichen Arbeit „Kollege Computer“ dem Menschen assistiert. So berichtet Sheena Urwin, Head of Criminal Justice, Durham Constabulary, England darüber, wie und warum künstliche Intelligenz die Polizeiarbeit wesentlich verbessern kann und muss. Sie sind die einzigen in England und Wales, die das Thema KI auf der Tagesordnung haben und auch einsetzen. KI dient zur Unterstützung der Polizisten, um die besten Entscheidung zu treffen. Sie werten die Taten aus, schätzen ein, ob ein Täter wieder zuschlägt, unterstützen bei Prävention. RoboCop lässt grüßen …
Lesen Sie dazu auch den Artikel zu PRECOBS aus 2015: https://abendfarben.wordpress.com/2015/06/22/2bahead-die-digitale-verantwortung-leben-in-der-welt-der-wahrscheinlichkeiten/
Yuval Mor, CEO von Beyond Verbal aus Israel sprach über die Erkennung von Echtzeit-Emotionen mittels Emotion AI. Ein Thema für Onlinevertrieb, Krankheitsprävention
und Jobinterviews. Sie brauchen ein Telefon, eine App oder eine hochgeladene Datei.
http://www.beyondverbal.com/ schafft es, nur aus der Tonalität – nicht aus dem Inhalt, dem Wort – eine emotionale Analyse des Gegenübers zu erstellen. Dies ist kein Psychogramm, keine Freud´sche Analyse, sondern die Erfassung der emotionalen Verfassung eines Gesprächspartners. Vocal Biomarker sind derzeit in der Entwicklung. Mor: „Wir erkennen stimmliche Biomarker, die auf Krankheiten hindeuten. Das System kann auf einen bevorstehenden Herzinfarkt hinweisen.“ Unglaublich, möchte der Zuhörer des Vortrages rufen. Probieren Sie es gern aus. Es gibt eine App, die Ihnen innerhalb von 30 Sekunden berichtet, wie Sie emotional „drauf sind“.
Auch hier ein kleiner Exkurs in die Vergangenheit: Psyware in einem Vortrag aus 2016 auf https://abendfarben.wordpress.com/2016/06/14/hyperloop-und-glauben-zukunftskongress-2bahead-wolfsburg-2016/#
DIE TRANSHUMANE GESELLSCHAFT
Jetzt geht es an das Eingemachte. Zack: Arm ab und neuer dran. Schnipp: Organ raus, nachgezüchtetes Organ rein. Augen, die reinste Fehlerquelle. Her mit den Linsen, die auch VR und AR können!
Zoltan Istvan, Gründer der Transhumanist Party, US ist überzeugt: „Um nicht von der künstlichen Intelligenz überrannt zu werden, müssen wir Teil der Maschinen werden.“
Harter Stoff für normalkörperbezogene Menschen, denen schon der Zahnarztbesuch mit Ersatz einzelner Kauelemente ein Graus ist. Denn die Transhumanisten sind davon überzeugt, dass man Krankheiten auslöschen kann. Und zwar grundsätzlich. Die Krankheit hat einen Herd, der Herd muss weg. Nicht die Krankheit alleine. Sie möchten nicht Organe behandeln, sondern austauschen. Es gibt schon bionische Organe. Das künstliche Herz vor Jahren der Anfang, heute wird fehlendes Gewebe oder zu ersetzende Organe mit einem „Biodrucker“ geschaffen.
Istvan: „In zehn Jahren ist das möglich, unsere Körper zu optimieren. Wir können Behinderungen beseitigen, Blinde können wieder sehen, Taube wieder hören.“ Es geht auch um Kryonik, die Möglichkeit, Menschen einzufrieren und wieder aufzutauen. Es gibt Adapter, die es ermöglichen, mit dem Gehirn direkt mit Google Kontakt aufzunehmen.
Einen Kryo-Forscher finden Sie bei Bedarf übrigens hier: https://abendfarben.wordpress.com/2015/06/16/2bahead-visiontalk-big-thinking-die-grosen-visionen/
Istvan`s Prognose: In fünf Jahren werden wir Roboter zuhause haben. Eine gute Frage ergibt sich aus der Optimierung des Lebens:
Was passiert mit den Menschen, wenn sie länger leben. Was für gesellschaftliche Aufgaben entstehen mit Überbevölkerung und Menschen, die immer älter werden. Oder schlimmer (?) noch, die Menschen leben ewig? Das war das organische, doch wie verhält es sich mit dem Geist, dem Wissen, den Erfahrungen eines Menschen?
Werden wir unsere Gehirne uploaden? Beziehen wir unser Kraft in einem anderen Körper, einer anderen Form, von der Sonne, oder über Photosynthese? Oder es gibt biologische und Online-Versionen von uns?
Schaffen wir über Bio-3D-Druck Abbilder vergangener Menschen. Und wollen wir das überhaupt? Bei solchen und so vielen Fragen wird dem geneigten Zuhörer schon ganz blümerant zumute. Und Ihnen? Wie fühlen Sie sich jetzt?
Im Übrigen konnten Sie Freiwillige auf dem Kongress einen RFID-Cip unter die Haus setzen lassen. Auch der Chairman des ThinkTanks, Sven Gábor Jánszky begab sich in die Hände von Dr. Patrick Kramer, , Chief Cyborg Officer und Gründer von DigiWell
https://digiwell.com/
Biohacking mit Pfiff. Notfalldaten, Türschlossöffner, Auto öffnen und starten – nur eine kleine Auswahl der Möglichkeiten. Leider in diesem Land noch nicht verfügbar: Reisen mit Nahverkehr oder Bahn, Einchecken und Auschecken in Hotels per Fingerwisch. Aber das kommt auch noch!
Abgesang oder Ouvertüre?
Der ThinkTank fomuliert es so: „Wir nähern uns einer Zukunft, in der alles predictive wird: unsere heutige Leistungsfähigkeit, der Stresslevel des Kunden, die Produktivität und Kreativität der Mitarbeiter und der Verlauf der Emotionen. Das befähigt uns, diese möglichen Zukünfte zu steuern, den prognostizierten Zustand zu befördern oder ihn zu verhindern. Diese Entscheidungen werden wir nicht alleine treffen. Maschinen werden potentielle Entwicklungen und Interdependenzen von Handlungen vorausschauender und schneller berechnen können und möglicherweise die besseren Entscheidungen treffen als jeder Mensch es kann. Die Analytik verdrängt Bauchgefühl und Erfahrung.“
Schön und gut, das der Blechkollege schneller und präziser ist. Aber kann er auch … ?
Herab vom hohen Ross, verehrter Arzt, gebildeter Jurist, langjähriger Makler und erfahrener Steuerberater. JA. Er WIRD es können. Und dann ist der Umbruch radikaler und brutaler, als ihr gelehrten Herren (und Damen – selbstverständlich!) es euch heute auf dem Chefsessel ausmalen könnt. Die Frage ist, was dann? Wissen, Kombination davon, Vorhersage und Entscheidungen verlagern sich datengestützt (und das meint sehr sehr sehr viele Daten) Richtung KI. Google Assistant oder Alexa von Amazon sind da nur ganz zarte Vorgeschmäcker.
Menschen (Kunden) haben nicht nur einen Assistenten, sondern viele. Der Reisebucher checkt mit dem Kalender, dem Wetter, dem Carsharer und dem Versicherer gemeinsam, welche Route in welchem Level am Soundsovielten für kleines Geld machbar ist. Und die Assistenten handeln untereinander (!) Deals aus. Das fertige Ergebnis kommt auf´s Handy, wenn es das dann noch gibt inkl. CheckIns, Bordkarten und Menüvorschlag für den Lunch in Timbuktu.
Ende vom Lied: Reisebüros, Autovermieter, Versicherungen, Fluggesellschaften, Hotels und Restaurants werden in ihrer Verwaltung obsolet. Das die Rechnungen automatisch an die Firma und die Steuerapp geht, ist klar. Und das Finanzamt (wenn es das dann noch gibt) bekommt die Abrechnung in Echtzeit. Und wenn doch etwas schief geht, kloppt sich der Rechtsassistent mit dem Reiseassistenten digital und erwirkt einen Gutschein für die nächste Reise.
Nochmals 2bAHEAD: „Vielmehr werden alle diese Berufe zu Coaches werden. Die akzeptieren dass Computer es besser wissen. Aber sie setzen auf die Computerexpertise jeweils noch das menschliche Element drauf: Sie werden dann dafür bezahlt, andere Menschen zu motivieren, zu begleiten, zu kritisieren und zum nächsten Entwicklungsschritt zu bringen. Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich aus dieser neuen Rolle des Menschen? Wie wird unser Maschinenbild 2028 aussehen und welches Menschenbild wird eine Maschine haben?
Sie sehen, die Zukunft ist a) schon da, wird b) spannend und betrifft c) Sie persönlich. Sind Sie bereit dafür? Wenn nicht, fangen Sie d) sofort damit an …
PS: Die Artikel zum Zukunftskongress sind keine Komplettberichterstattung. Zum einen ist es ob der zahlreichen Vorträge alleine gar nicht zu schaffen. Zum anderen wähle ich Themen aus, von denen ich mir Interesse und Leserschaft versprechen. Ich bitte dies freundlich zu beachten.
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