Intelligenz ist der Treiber, sie soll es richten in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ist das Thema des Zukunftskongress Wolfsburg 2bAHEAD ThinkTank 2019. Die These: „Die Fehlerlücke zwischen der linearen Zukunftsprognose der menschlichen Intelligenzen und der exponentiellen Realität der künstlichen Intelligenzen wird immer größer.“ Die Lösung: Teil der Dynamik sein, Treiber sein, Macht besitzen. Über Daten, Kunden, Geschäftsmodelle. Starker Tobak für die Besucher aus dem In- und Ausland, die CEOs, CDOs, Forscher und Denker.
Technologie Roadmap 2029
Glenn González, CTO SAP Germany, legt ordentlich vor. Er wünscht sich Erwartungshaltungsversteher. Was für ein großartiges Wort! Sind Sie in der Lage, Erwartungen zu verstehen? Können Sie in Emotionen? In der Gesellschaft, die alles überall und sofort möchte, ist es für Unternehmen und Organisationen schwer, zu liefern. Und noch schwerer ist es, die Erwartungen zu erkennen und zu verstehen. Wird das Unternehmen zur Geisel des Kunden? Nein! Nehmen sie den Kunden ernst! Werden Sie zum Eigentümer des Problems des Kunden. Liefern Sie Lösungen! Digitalisierung ist nicht das Allheilmittel. „Soviel Digitalisierung, wie nötig, soviel Mensch, wie möglich.“ Apps mit den man reden kann, sind eben nicht die Lösung. Am Anfang ist der Mensch, der gibt ein, lädt hoch, fragt, fordert, hat ein Problem.
Das betrifft auch noch ein weiteres großes Feld: Recruiting, neu“deutsch“ – Personal gewinnen, welches nicht nur fachlich, sondern auch empathisch ist. Ein Nerd im Keller braucht nur das Fachwissen, Mitarbeiter, die Kundenkontakt in allen Ausprägungen haben, unbedingt beides. Die zu finden, wird immer schwerer. Die Generation heute tickt anders. Unternehmen müssen die neuen Menschen da abholen. Firmenwagen? Büro mit Assistenz? Pustekuchen. Da müssen Sie sich beim Bewerber bewerben. Viel Spaß! Und die Kosten? Vorher ausrechnen, was es kostet? Keiner kann ein Business Case vorausberechnen. Dafür ist die Zeit viel zu rasant. Seien Sie stabil und agil zugleich. Sonst sind Sie in der Zukunft für den Kunden nicht mehr relevant. Und für Mitarbeiter in spe dito. Machen, loslegen, Widerstände überwinden! Der dringende Rat von González
Die Autoindustrie in ihrer heutigen Form wird so nicht mehr existieren!
Stefan Jenzowsky Managing Director 2b AHEAD Ventures, selbst Autonarr und umtriebiger kluger Kopf, bringt den Verkehr der Zukunft nahe. Noterministische Syteme sind die Zukunft. Es gibt eine Ausgangslage, die bekannt ist. Und ein Ergebnis, welches nicht vorhersehbar ist. Das ist nicht negativ gemeint. Die Datenmengen sind so groß, dass (KI-) Systeme daraus verschiedene, unerwartete Ergebnisse kumulieren. Beispiel: Die Google Tochter Waymo kauft 60.000 Fahrzeuge. Warum wohl? Sie brauchen Unmengen von Daten, um die Systeme zu verstehen und zu bilden – im Sinne von Bildung. Jeder Fahrer trainiert also die Flotte mit.
Mit einem schönen bildlichen Vergleich: „Wir müssen das Ruder herumreißen, denn das Lenkrad ist bald obsolet.“ veranschaulicht Jenzowsky die Situation. Das Ende ist nah! Also für die Mobilität, wie wir sie heute kennen. Warum? Die Mobilität wird kostenlos, denn die Kosten sinken stetig und unendlich. Alles, was sich digitalisieren lässt, wird kostenlos. Daten gegen Fahrten, Werbung gegen Berufsverkehr.
Robotaxis sind billiger, als Straßenbahnen und Busse und deren Unterhaltung. Zumal sie 24/7 ausgelastet sind und sich bei Nichtbedarf aus dem städtischen Raum verkrümeln auf den Robotaxiparkplatz im Umland der Metropole. Interessanter Ansatz, betrachtet man sich die Nullen hinter Beschaffungskosten, Unterhaltung und Personal der mehr oder minder zuverlässigen Nahverkehrsbetriebe. Außerdem: Der Straßenraum ist eigentlich frei. Wir haben nur zu viel Abstand zwischen den Fahrzeugen! Mit 100 km/h und 5 cm Abstand geht es auch. Und durch CarSharing wird sich die Anzahl der Fahrzeuge UND Parkplätze reduzieren. Schöne neue Welt, oder?
Mut zur Lücke
Abgesehen davon, dass die Berichterstattung vom Zukunftskongress Wolfsburg 2bAHEAD ThinkTank 2019 immer nur eine Auswahl enthält, da ein 100%-Abbild Ressourcen bedingt unmöglich ist, eine Anmerkung zu den Beiträgen und Referenten. Im Programm tauchen Themen auf, da denkt der geneigte Berichter: „Das knallt, da glüht der Kopf. Geniales Thema, wunde Finger vom Tippern.“ Und entschließt sich zur Lücke in der Berichterstattung. Aus verschiedenen Gründen, die auch gern genannt werden.
KI-Forschung, Leben im Weltall – um nur mal zwei Themen zu nennen. Die Erwartungshaltung entsprechend hoch. Allerdings – und dies auch als Entschuldigung – seit 2011 beim Zukunftskongress des 2bAHEAD ThinkTank dabei.
Also schon den Kopf voll mit Wissen und Entwicklungen, die unsere Zukunft betreffen. Wenn die Referenten dann mehr oder minder bekanntes, unaufregendes berichten und dazu noch den Spirit vermissen lassen, der diesen Themen innewohnt, fällt es schwer. Schwer, sich daraus Neues abzuleiten, Spannendes zu berichten, mit leuchtenden Augen dabei zu sein. Dies soll nicht als Kritik an den Organisatoren verstanden werden. Vielleicht ist eine Sättigung erreicht, weil zu Vielem schon so vieles gesagt wurde. Andererseits: Wenn es mir so geht, dann möglicherweise auch anderen Besuchern. Sicher ist es schwer, die Erwartung zu erfüllen, andererseits auch ein Grund nachzudenken, ob das Format oder die Art der Durchführung noch weitere 11 Jahre trägt. Spannung also beim abschließenden Thema.
Führung & Kompetenzen 2029
Wie schon oben beschrieben: HR – also Personalwesen im herkömmlichen Sinne – und die Führung, Bildung, Entwicklung sind Top-Thema. Weil kluge Köpfe rar sind. Weil Wissen Spezialisierung bedeutet. Weil Wissen veraltet und die Zeit rast. Weil KI und AI im Kommen sind. Dynamik und Mangel, Sinnsuche und erfülltes Tun. Kollege KI und Kollege Mensch, quo vadis?
Holger Knöpke Leiter Digitale Agenda (ja so was gibt es!) der Deutschen Bahn, kann ein Liedchen davon pfeifen. Und berichtet aus seiner Arbeit. „Die Daten sind nicht mehr beherrschbar, ich brauche KI.“ Klar bei einem Unternehmen dieser Größe. Also heißt es Informationsmanagement im wahrsten Wortsinn. Und das ist nicht helikoptermäßig von oben nach unten gemeint. Hier geht es um Kommunikation über und durch alle Ebenen hinweg. Ein Social Enterprise nennt sich das neudeutsch.
Und wichtig ist der Wohlfühlmoment. Oder wie der Fachmann sagt: Purpose ist kein nice to have! Also der Zweck ist, nicht schön zu haben. Was auch immer das heißt. Naja, die bei der Bahn machen jetzt in Mitarbeiterkommunikation und -Management. Plagen sich durch die Karriereentwicklung mit jungen anspruchsvollen Menschen. Huiiiiii! Den Neumitarbeitern geht es auf einmal um Gesundheit und Ernährung. Und natürlich um Arbeits- sowie Lebensbalance. Willkommen, neue Arbeitswelt.
Daniel Jeffries, seines Zeichens Science Fiction Autor, erörtert in seiner bezaubernd coolen Art das Thema von einer anderen Seite. Denn er fordert zu etwas aus, was den Menschen zu gern und leider sehr früh abtrainiert wird: Kritisch denken! Das geht doch schon in der Kita (oder früher) los. Fragen ist OK, Kritik geht gar nicht. Denn die Tante Erzieherin hat sehr oft, eigentlich immer, recht. Außer beim Elternabend. Entschuldigen Sie, ich schweife ab…
Jeffries jedenfalls sieht in der Kritik etwas konstruktives. Und postuliert gleich hinterher: Empathie ist entscheidend. Also eine kritische, positiv hinterfragende, Empathie. Das braucht der Mensch der Neuzeit. Der Mensch der Schnellzeit. Der Mensch der Wissenszuwachszeit. Wo wir wieder bei den Kunden – siehe oben – wären. Es ist der Vorteil, Menschen zu verstehen. Sich in sie hineinzufühlen. Wer intelligent ist, weiß das. Und KI kann nicht fühlen. Oder doch? Fragen über Fragen…
Noch nicht genug davon?
Dann lesen Sie gern hier weiter. Die Sammlung aller Artikel zum Zukunftskongress:
https://abendfarben.wordpress.com/2bahead-zukunftskongress/
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